Die Pfarrkirche St. Martin

ist das räumlich größte Gotteshaus in unserer Pfarreiengemeinschaft. Oft wird sie darum als „Dom vom Lande“ bezeichnet. Ihre Größe begründet sich wohl mit dem einstigen Pilgergeschehen an St. Wolfgang und mit den Passionsspielen ab 1724 in Thaining. Beides fiel der Säkularisation von 1802/03 und fürstlichen Verboten zum Opfer.

St.Martin

Seit der Christianisierung stand durch die Jahrhunderte auf dem Hügel mitten im Dorf immer ein Kirchlein. Das letzte -ein spätgotischer Bau von 1490- wurde 1762 abgebrochen, die Steine gesäubert und weitere von der Ruine Ödenburg herbeigeschafft. So konnte am 22. Mai 1763 mit dem Neubau begonnen werden.

Baumeister war der Stuckateur Nikolaus Schütz aus Landsberg.Seit 1719 arbeitete er bei und mit Dominikus Zimmermann. In späteren Jahren als sein Palier-Stuckator. Er war über 70 Jahre alt, als er mit dem Kirchenbau in Thaining begann. Der Bau ist ein weiträumiger Saalbau mit einem flachen Tonnengewölbe, der durch große Fenster viel Licht erhält. Marmorierte Pilaster tragen die Stichkappen über den Fenstern. Zwei Emporen im Rückraum bieten weiteren Platz. Auf der obersten steht die Orgel (Neuanschaffung 2008). Den Chor im Osten schmücken zwei Balkone („Kherla“). Aus Geldmangel wurde der Turm nur bis zur Firsthöhe der Kirche ausgeführt und erst nach zwei Jahrzehnten bis zur stattlichen Höhe von 48,6 m vollendet. Während vorne im Chor noch sparsamer Stuck angebracht ist, wurde er im Langhaus nur aufgemalt.

Eingeweiht wurde die Kirche am 23.Mai 1770 von Pater Benno Gerold, einem Bruder des damaligen Pfarrers. Die Ausstattung zog sich bis über die Jahrhundertwende hin: Der Münchner Künstler Franz Kirzinger malte 1764 die großen farbenfrohen Deckenfresken mit Szenen aus der Martinslegende:

  • über der Empore:die Mantelspendung vor den Toren der Stadt Amiens
  • im Langhaus: das Baumwunder, Martin vor dem Kaiser Valentinian in Trier, Martin auf dem Totenbett
  • im Chor: Martin als Fürbitter vor der himmlischen Dreifaltigkeit.

Von der Wunderkraft des hl. Martin erzählen auch die Wandgemälde im Chor und zwei im Langhaus. Dort sind auch die Evangelisten und die Kirchenväter dargestellt.

Das Prunkstück der Kirche ist der Hochaltar mit seinen gedrehten Säulen und der in Gold leuchtenden Akanthus-Schnitzerei mit St. Michael als Spitze. Geschaffen hat ihn Heinrich Hett aus Diessen. Der Altar kam 1724 nach Raisting und wurde 1773 von den Thainingern angekauft. Franz Kirzinger malte 1774 die Altarbilder.

Die weitere Ausstattung fertigten einheimische Handwerker. Hervorzuheben ist hier der Thaininger Schreiner Andreas Fichtner. Er wirkte schon bei der Herstellung der Kirchenstühle mit, schuf 1790 die Kanzel und dann die Seitenaltäre. Deren Altarbilder stammen von dem Pflugdorfer Andreas Schmid (1814). Wertvolle Skulpturen schmücken die Wände und Seitenaltäre. Vorne im Altarraum stehen die große Gestalten von St. Laurentius und St. Nepomuk. Aus der Luidl Werkstatt kommen Anna und Joachim, die Apostelfiguren, Anna-selb-dritt (rechter Seitenaltar) und im Vorraum die Ölbergszene. Die Rückwand zieren noch Figuren aus der Vorgängerkirche.

Die mechanische Turmuhr (tägliches Aufziehen) ist in unserer technisierten Zeit eine besondere Seltenheit. Zuerst sorgte eine Thaininger Familie mit zuverlässigem Idealismus und handwerklichem Können,dafür, dass das Gangwerk, ihr Stundenschlag und eine präzise Zeitanzeige über Jahrzehnte der Gemeinde erhalten blieb. Inzwischen teilen sich diese Aufgabe, drei Männer aus der Gemeinde. Danke dafür.

Texte zusammengestellt von Franziska Ostner

Quellen: Wilhelm Neu Thaining, Schrift von 1994, Georg Stechele, Der Bau der Martinskirche, Franz Burger, St. Wolfgang v. 1938, Alfred und Magda Mastaller, Bergkapelle Karl v. Leoprechting, Bauernbrauch und Volksglaube in Oberbayern, Süddeutscher Verlag 1977, Seite 128.